30
Alte Geschichte.
Volksreligion, und mancher Zusatz spaterer Zeit war dem
alten Ägypten fremd.
Als der Mensch noch neuer und frischer lebte, mußte
die Thierwelt, besonders die eigenthümlichethierweltafrika's,
ihm einen wahrhaft wunderbaren Anblick gewähren. Daher
begann wohl auch die Religion der Ägyptier zum Theil mit
Thierdienst. Die Betrachtung der Nützlichkeit oder Schädlich-
keit eines Thieres und unbekannte Zufalle erweiterten diese
Ansicht, welche ursprünglich ein Erzeugniß des eigenthümli-
chen Sinnes der Vorwelr war. Die das Volk erzogen und bil-
deten, befestigten diesen Thierdienst, indem sie denselben au4
Achtung für die Heiligthümer ihrer Zöglinge in ihren hö-
heren Götterdienft aufnahmen. Da aber bei den verschie-
denen Stämmen Ägyptens, welche ursprünglich nicht alle
dieselbigen Thiere verehrten, mehrere Zweige des äthiopi-
schen Priestetstammeö verschiedene Niederlassungen stifteten:
so geschah es, daß in den verschiedenen Vereinen Ägyptens
auch verschiedener Thierdienst Statt fand, und dasselbe
Thier in einem Nomos für göttlich galt, welches in einem
andern gleichgültig behandelt wurde. Dieser Thierdienst
mußte indessen seiner Natur nach schädlichen Einfluß auf die
Ägyptier haben, und so wie Herodot uns denselben schildert,
hat derselbe zum Theil wirklich empörende Rohheit erzeugt.
Genauere Beschreibung dieses Thierdienftes.
Die Bildung der Ägyptier machte Fortschritte;
der Thierdienst, durch die Priester befestigt^ blieb; aber
mehr und mehr entdeckte man neue Spuren des Göttlichen
an der ägyptischen Erde, und an dem Himmel, welcher
sich über Ägypten wölbte. Nil und Erde, Sonne, Mond
und Sterne, ihre gegenseitigen Verhältnisse und die Ab-
theilungen, welche die Gestirne im Jahre machten, wurden
Gegenstände göttlicher Verehrung. Mit der Veredlung der
Bildung überhaupt wurden auch die Ideen dieser Götter
veredelt. Besonders entstand mehr und mehr eine enge
Verknüpfung des Irdischen mit dem Himmlischen, der Re-
ligion mit der Astronomie und Astrologie. Die Urologie
aber ward auf alle Zweige deö Lebens angewendet. Die
Hieroglyphe und die Liebe zu Symbolen, wozu großen-
theils der Thierdienst den Stoff hergab , machten dieses
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Dritter Zeitraum. Von 560 bis 325 v. Chr. 10?
die Tribute, gewisse Lieferungen der Provinzen von Er-
zeugnissen, von Gold und Silber, auch bestimmte Ge-
schenke.-Die richterliche Gewalt war von der königlichen
unabhängig, und die Könige Persiens hielten auf strenge
Gerechtigkeits-Pflege. - Zu den vornehmsten Pflichten der
Statthalter gehörte die Erhebung der Abgaben und die
Sorge für den Anbau der Lander. Bevollmächtigte, mit
bewaffneter Macht versehen, untersuchten jährlich das Be-
tragen der Statthalter. Theils auf dem platten Lande,
theils in den Städten waren königliche Truppen vertheilt,
weiche unmittelbar unter dem Könige standen. Aber auch
die Statthalter warenzum Theilmit zahlreichen Truppen um-
geben. Endlich bei eigentlichen Natioual-Uuternehmungen
erging ein allgemeines Aufgebot durch das ganze Reich,
und die Nationen von Morgen und von Abend wurden zu-
sammengetrieben.
5. Z 0 r 0 a st e r.
Die ursprüngliche Religion der Perser war einfacher
Naturdienst. Aber wahrscheinlich schon in dem Zeitalter
des Cpruö ward, wenigstens an dem persischen Pose,
die Lehre Zoroasters angenommen. Dieser Zoroaster
oder Zerduscht hatte, w e man nicht ohne Grund ver-
muthet, uin Ó00 v. Ehr. unter den: medischen Könige Eya-
xares gelebt. Das Wesen seiner Lehre war: „Es giebr ei-
nen Gott des Guten und einen Gott des Bösen, oder eineu
Gott des Lichtes und einen Gott der Finsterniß; jener heißt
Ormuzd, dieser Ahriman. Beide liegen jetzt im Kam-
pfe mit einander; aber Ahriman wird einst von Drmuzd be-
siegt und das Reich des Lichtes oder des Guten allgemein
verbreitet werden. Um den Thron des Drmuzd stehen
(nach dem Bilde asiatischer Reiche) die sieben Amschaspands,
die Fürsten des Lichts, unter denen er selbst der erste ist«
Ihnen sind untergeordnet die Izeds, die Genien von allem,
was gut ist, von welcher Art es auch sey. Eben so ist der
Thron Ahrimans umgeben von den obersten sieben Dews,
den Fürsten des Bösen; und eine zahllose Menge niederer
Dews steht unter ihnen, wie die Izeds unter den Am-
schaspands." Würdigkeit für das Reich Drmuzds sollte
das Ziel des Strebens der Anhänger dieser Lehre seym
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108
Alte Geschichte.
Besonders drang die Lehre auf den Anbau dcs Lan-
des , welcher den Nachbarn räuberischer Nomaden doppelt
theuer ist. „Die Ackerleute," lehrt Zoroaster, „ziehen den
Segen aus der Erde; ihre Hand führt den goldenen Dolch
Dsiem-fchids (deö hochgefeierten Fürsten in der Ur-
zeit Irans), mit dem er den Boden spaltete und die Schatze
des Überstusses heroorzog." llberhaupt aber sollen als
Diener von Ormuzd alle seine Verehrer gerecht und gut
seyn, vorzüglich aber der König. — Dieser ist die Seele
des Ganzen. Er kann gebieten, was er will, und seine
Befehle sind unwiderruflich; aber Ormuzds Lehre soll ihn
hindern, nichts zu befehlen, als was gut und gerecht ist.
Auch fesselten vielfache heilige Gebräuche die Ormuzd -
Verehrer, besonders die Könige. Diese Lehre war in dem
Zen Dave st a niedergclegt, und die Aufbewahrung der-
selben der Kaste der Magier anvertraut. Als Cyrus
als Besieger Mediens nach der Weise des Morgen-
landes das modische Hof-Ceremoniel annahm, nahm er
auch die Magier-Kaste bei sich auf, und so kam, wie man
vermuthet, Zoroasters Lehre an den persischen Hof, von
wo sie sich im Verfolge der Zeit unter das Volk verbreitete.
6. U r sa ch e n d e s Be rfa ll s d es p e r fi sch e n R ei ch S.
Ob aber wohl die Perser sich der Lehre Zoroasters
und mancher trefflicher Einrichtungen erfreuten, so eilte doch
das persische Wel reich bald seinem Untergange entgegen.
Die Menge und Verschiedenheit der Völker, welche es in
seinem weiten Kreise umfaßte, war zu groß, als daß der
durch das Schwert erzwungene Verein lang bestehen konn-
te. Auch mußte, je schwieriger die Übersicht des Reiches
war, desto eher Widerspenstigkeit der Statthalter herr-
schend werden, besonders als die frische Kraft der Grün-
der dieses Reichs in ihren gennßlustigen Nachkömmlingen
verwelkte. Endlich waren die Kriege der Perser mit den
Griechen, und die daraus entstandene Nothwendigkeit,
viele Miethfoldaten zu halten, für das persische Reich eben-
falls verderblich.
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Vielter Zeitraum. Von 323 bis 30 v. Chr. 180
Herrschaft im Westen Italiens gegründet. Zehn Jah-
re spater ward das Ansehen Roms, besonders durch
die Siege bei Kynoskephalä (197) und bei Ma-
gnesia am Sipyluö (190), auch -m Osten Italiens
befestigt. Endlich nach dem Siege bei P y d n a (166)
wurde einer der geschwächten Staaten nach dem an-
dern zur römischen Provinz gemacht. Bereits um da-
Jahr 146 hatte die römische Alleinherrschaft in der
damals gebildeten Welt angefangen. Um eben die-
se Zeit ward auch die Cultur der Römer vielseitiger;
und besonders fanden seit der Unterjochung Griechen-
lands (146) griechische Kunst und Wissenschaft immer
mehr Eingang zu Rom. Nur die altrömische Tugend
wurde, seit Nom übermächtig geworden war, immer
seltener, und mitten unter der Herrlichkeit hatten sich
Keime von Übeln entwickelt, welche Bewegungen ver-
anlaßten, die immer größer und verderblicher wurden,
ein volles Jahrhundert (133 - 30) dauerten, und
nur mit dem Untergang der freien Verfassung Rom-
endigten. Mitten unter den innern Unruhen und
selbst im Laufe der Bürgerkriege vollendeten indessen
die Römer die Gründung ihrer Weltherrschaft.-Z
Ca rt hago's Geschichte, soweit sie diesem Zeit-
räume angehört, wird dem Wesentlichen nach durch
die punischen Kriege erschöpft, sonach füglich
in die römische Geschichte eingeschoben. Eben so ist
die Geschichte Siciliens, und der mehr und mehr
hervor tretenden Völker des Nordens (der Gallier,
Germanen) mit der Geschichte Roms verflochten. -
4- Aus Indiens und China's Geschichte haben
wir nur Bruchstücke. In Bezug auf I n d i e n wird uns
zuerst Sandroeottus genannt, welcher um 300
v.chr. die Indier von der makedonischen Herrschaft be-
freite, dann Eroberer wurde, und ein großes Reich
stiftete, dessen Hauptsttz in den Ganges - Ländern
war. Etwa zwei Jahrhunderte nach ihm (um 100)
regierte in eben diesen Landern Vikramaditya, des-
sen Reich, wie es scheint, ebenfalls sehr ausgedehnt
war. Er war ein großer Freund der Künste und
Wissenschaften. Unter den Dichtern, welche an sei-
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Sipyluö Italiens Rom Roms Indiens
272
Alte Geschichte.
\
? •. , i
. .. , .. /
Fünfter Zeitra»m.
/
7 Don 30 v. Ehr. bis 323 n. Ehr. Don dem Anfang
des römischen Kaise'rthums bis zur Erhebung des
Christenthumö zur Staatsreligion in dem römischen
Reiche, f
/
Übersicht dieses Zeitraurns.
/!^^ie Geschichte des römischen Reichs er-
schöpft den wesentlichen Inhalt der allgemeinen Ge-
schichte dieses Zeitraums.
Die Geschichte Indiens, Ehina's und
des südöstlichen Asiens überhaupt liegt auch
in diesen Zeiten für uns im Dunkeln. Doch ver-
dient bemerkt zu werden, daß in Hinsicht auf Reli-
gion auch in diesem Theile der Erde sich in dem er-
sten Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung groß-
ße Veränderungen zugetragen haben.
/Das paethische Reich verlor seit Augustus
mehr und mehr von seiner Bedeutung, bis die
Macht desselben (226 n. Ehr.) durch Artaxerxes,
den Gründer des neupersischen Reichs, wie-
der aufgerichtet wurde. Aber auch von der Ge-
schichte der Sassaniden haben wir nur Bruchstü-
cke. Eben so kennen wir von der Geschichte der
Deutschen aus diesem Zeiträume wenig mehr, als
die Kriege derselben mit den Römern. Alles verliert
sich in den Strom der römischen Geschichte.
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Fünfter Zeitraum. Von 30v.chr. biö323 n.chr. 273
^Die Geschichte des römischen Kaiser-
reichs selbst aber bietet des Erfreulichen weit we-
niger, als des Traurigen und Niederschlagenden
dar. Zwar gab Augustus der römischen Welt Ruhe
und Friede; auch geschah durch ihn oder doch in sei-
ner Zeit Vieles für Künste und Wissenschaften. Allein
nach seinem Tode erhielt Nom (14-96 n.chr.) eine
Reihe von Kaisern, welche, mit wenigen Ausnahmen,
nur mit Verachtung oder Abscheu genannt werden
können. Nun folgten zwar die Zeiten besserer Kai-
ser <96-180); allein auch in diesen Zeiten
lastete auf Nom das Verderben, welches von jedem
Weltreiche unzertrennbar ist. Hierauf folgte die wilde
Herrschaft der Soldaten - Kaiser, unter denen zwar
einige belfere Herrscher waren, die meisten aber den
Grundsatz hatten, die Soldaten zu ehren, alle übri-
gen aber für nichts zu achten./
/ Wahrend indessen in dem großen Reiche der
Römer fast überall nur Verwirrung und Verdorben-
heit herrschte, verbreitete sich, zum Heile für d'.e
ganze Menschheit, die göttliche Lehre des Chri-
st ent hum S mit wunderbarer Kraft in immer wei-
tern Kreisen, und ward zugleich durch die Errichtung
der christlichen Kirche auch künftigen Geschlechtern
gesichert. /
, Sonach zerfällt die Geschichte dieses Zeitraums
in folgende Kapitel: 1) Augustus und fein Zeit-
alter; 2) die Zeiten der schlimmen Kaiser;
3) die Zeiten der guten Kaiser; 4) die
Übermacht des Heeres; 5) daö Christen-/
t h u m. '
& «t i I c n dxr A eschichte d' eses ?, e i t v a » m 5.
Vellejus Parereulus, Fi. Josephus, Plinius
der Jungere, T u c i t u S, Suetonius, O i 0 C assiu «,
Herodianus, Scriptores historiae augustae minores, E u-
trovius, Aurelius Vietor, Zo simus. Mehrere ro»
misch« Schri.ftstrlicr. Oie heikgen Schrrfteu der Christen.
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Josephus Aurelius
Fünfter Zeitraum. Von 20 v. Chr. bis Z2z n. Chr. zir
des vorherrschenden Heidenthums war abgelausen, und be-
sonders in der römischen Welt kam Vieles zusammen, was
eine höhere Sehnsucht rege machte. Je mehr aber da-
Christenthum sich an die Bedürfnisse und Ansichten der
damaligen gesitteten Menschheit anschloß, desto mehr still-
te es jene Sehnsucht, und desto freudiger ward es an-
genommen.
Überhaupt aber lag Vieles in der Zusammenordnung
der menschlichen Dinge, wodurch die glückliche Verbrei-
tung der göttlichen Wahrheit befördert wurde. In allen
Thellen des römischen Reichs lebten viele Juden. Es
gewann daher das Christenthum, indem es die Er-
scheinung des Messias verkündigte, nicht nur in Palä-
stina, sondern auch außer demselben bald viele Anhänger.
Viele Juden bekannten sich zum Christenthum, ohne
daß sie glaubten, nicht mehr Juden zu seyn. Glcicherge-
stalt wurden die Kreise des Christentums gleich Anfangs
dadurch erweitert, daß die ersten Lehrer deöfclben Män-
ner aus dem Volke waren, sonach um so geschickter, die
Herzen der Menge zu gewinnen. Auch wurde die Wirk-
samkeit der christlichen Lehrer lange Zeit wenig oder gar nicht
gestört: denn nachsichtsvolle Duldung verschiedener Religio-
nen, ja so gar Gleichgültigkeit gegen alle Religionen war jetzt
in dem römischen Reiche vorherrschend. Durch die Eroberun-
gen der Römer waren vielmehr die Eroberungen des Christen-
thums in mehrfacher Hinsicht vorbereitet oder doch erleichtert
worden. Die öffentlichen Heerstraßen, welche für die Le-
gionen angelegt worden waren, eröffneten den christlichen
Missionaren einen bequemen Weg von Damascus nach
Corinth, und von Italien bi- an die äußerste Gränze von
Spanien und Br tannien. Der Verkündiger des Chri-
stenthums ward mit der einen griechischen Sprache bei-
nahe durch das ganze ungeheure Reich verstanden; und
überhaupt die Mittheilung der neuen Lehre an empfäng-
liche Völker mußte um so leichter geschehen, je mehrere
der letztern in einem Reiche vereinigt waren. Wenn
aber auch ein großer Theil dieser römischen Welt in tiefe
Sittenlosigkeit versunken war; so zog die sittliche Strenge
des Christenthums, wenigstens die Edlern und Bessern,
nur um so stärker an. Endlich Manche fesselte das Get
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321
, Sechster Zeitraum. Von 323 bis 476.
2. Wie das Christenthum durch Constantinus
Staatsreligion im römischen Reiche wurde.
So sehr harte sich die christliche Kirche i» dem kaufeder
drei ersten Jahrhunderte gehoben, daß sie bereits am Anfan-
ge des vierten Jahrhunderts nahe daran war, das Übergewicht
über die Partei der Nicht-Christen in dem römischen Staate zu
behanpteiazwar wurde sie um eben diese Zeit durch die Ver-
folgungen Diocletians noch einmal an den Rand des Unter-
gangs gebracht. Allein auch aus dieser Gefahr trat sie sieg-
reich hervor?/^. Galeriuö nörhigte durch sein ehrgeiziges
Streben nach Alleinherrschaft den Constantinus, wel-
cher schon von seinem Vater Constantius Chlorus eine Vor-
liebe für die Christen geerbt zu haben schien, mit Hülfe
der Christen sein Recht auf den väterlichen Thron geltend
zu machen./
, Gleich bei seinem Ndgierungs-Eintritte (506) erklärte
Constantinus feierlich: es könnten alle Christen in feinen
Provinzen ihren Glauben ungestört üben. Diese Erklä-
rung bewirkte, daß bald sehr viele Christen aus denjeni-
gen Theilen des römischen Reichs, in welchen noch die
Flamme einer wilden Verfolgung wüthcte, sich unter die
Fahne Constantius sammelten. Sein Schicksal ver-
flocht sich mehr lind mehr mit den Schicksalen der Chri-
sten. Gleich nach dem Siege über Maxentius (512) ließ
er eine neue Verordnung ergehen, in welcher er allen
Christen in seinem, nun beträchtlich erweiterten, Reiche
völlig freie Übung ihres Glaubens zusicherte. Und noch
bestimmter that er dieß durch die berühmte mailändische
Verordnung von dem Fahre 313, vermöge welcher die
Christen in alle Rechte einer ^on dem Staate als
rechtmäßig anerkannten kirchlichen Gesellschaft eingesetzt
wurden. / In dem nächst folgenden Iahrzehend (515 -
525) begünstigte er die Christen durch mancherlei, für sie
wohlthätige und erfreuliche, Verordnungen und Verfügun-
gen. Endlich nachdem er im Jahre 525 die lang ersehn-
te Alleinherrschaft erreicht hatte, war der Sieg des Cl/ri-
ftenthums in der römischen Welt vollkommen entschied--;,»
Nicht nur wurden jetzt die Wohlthaten, welche die Chri-
sten unter Constantinus genossen hatten, auch auf- die bis-
L1
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Alte Geschichte.
521
herigen Unterthanen Licins ausgedehnt, sondern auch Con-
stantinuö selbst trug von nun an kein Bedenken, sich öf-
fentlich, besonders (325) auf der Kirchen - Versammlung
zu Nicäa, auf der Arius, ein Presbyter von Alexan-
dria, welcher Christus nur als das der Gottheit nächste
Wesen darstellte, verdammt ward, als Anhänger und eifris
gen Beförderer des Christenthums vor aller Welt zu be-
kennen. Schon in einer Verordnung von dem Jahre 524
äußerte er den lebhafte?, Wunsch, daß doch recht bald di-
Nicht- Christen in feinem Staate sich zu dem allein wah-
ren Gott der Christen wenden niöchtcn. In mehreren
Hauptstädten des Reichs wurden prachtvolle Tempel auf-
geführt, und auch die christlichen Feste feierte man von
nun an mit blendenden, Gepränge. Durch vielfache Wohl»
thaten und Auszeichnungen gewann der Kaiser der christ-
lichen Kirche immer mehrere Anhänger. Bald wurden dir
höchsten Stellen im Staate und bei dem Heere nur mit
Christen besetzt. Die Söhne Coustantins wurden als
Christen erzogen. Byzanz hatte er wohl auch deßhalb zu
seinem Herrschers - Sitze erhoben, weil dieses für den
christlichen Hof weit besser geeignet war, als das einem
großen Theile nach noch immer heidnische Rom^
Gegen das Heidenthum bewies sich indessen Constan-
trnus auch als Alleinherrscher anfangs duldsam. Erst im
Laufe der Zeit, als die christliche Kirche immer glanzen-
der hervortrat, ward er harter gegen das Heidenthum,
nahm mehreren Tempeln ihre Reichlhümer, und verbot
mehrere heilige Gebräuche des alten Götterdienstes. Das
kann jedoch nicht von ihm behauptet werden, daß er das
Heidenthum gänzlich aufgehoben habe. 'Erst T he oda-
si us der Große erließ im Jahre 392 die entscheidende
Verordnung, wodurch das Heädenthum in dem östlichen
Theile des römischen Reichs gesetzlich ausgehoben wurde,
Im Abendlande adfr erfolgte diese Aufhebung einige Jah-
re spater.
Constantinus selbst ließ sich indessen erst einige Tage
vor seinem Tode in der Vorstadt von Nikomedien durch
den Bischof Eusebius taufen, damit er, wie man erzählt,
durch die Taufe von allen Sunden seines Lebens ge-
reinigt würde. Allerdings lasteten viele und zum Thcil
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Sechster Zeitraum. Don 323 bis 47ö. 527
Hierarchie, wodurch das Christenthum künftigen Geschlecht-
lern erhalten wurde; ja, sie war eö vornehmlich, wodurch
die Bildung der Menschheit bei den Stürmen, unter wel-
chen das weströmische Reich unterging, und bei den Schwie-
rigkeiten , mit welchen die Völker des westlichen Europa's,
«ls sie ihre Cultur gründeten, zu kämpfen hatten, geret-
tet und bewahrt wurde.
Freilich kann nicht geläugnet werden, daß sich
Mich in die, sonst trefflich geordnete, Kirche früh schon
.Herrschsucht, Streitsucht, Gewiffenszwang und Gei»
sìesdruck eingeschlichen haben, und in eben dem Maße
gestiegen sepen, in welchem die Kirche sxit Constantmus
dem Großen freier und mächtiger wurde. / Besonders stritt
man, seit das Christenthum zur Staatsreligron erhoben
war, über die Geheimnisse des christlichen Glaubens mit
immer größerer Heftigkeit; und wenn in den früheren
Jahrhunderten der Streit über Glaubens-Sachen großen
Theils daraus hervorging, daß viele Mitglieder der da-
mals neuen christlichen Gemeinen ihre ursprüngliche An-
sicht göttlicher Dinge mit dem Christenthum zu vereini*
gen suchten, so waren hingegen jetzt die Kämpfenden oft
bloß von Leidenschaft und eigennütziger Absicht beseelt.
Doch gab es auch in dieser Zeit bessere Menschen, wel-
che aus wahrer Achtung für das Heilige kämpften, und
oft lieber Verbannung und Tod duldeten, als daß sie
ihrer Überzeugung untren wurden.
'Von den christlichen Lehrern, welche, nachdem
das Christenthum durch seine ersten Verkündiger Eingang
in der Welt gefunden hatte, durch Rede und Schrift die
Würde der Kirche, oder die Lehren der Religion zu ver-
teidigen und zu befestigen suchten, und zum Theil mit
Macht auf ihre Zeiten wirkten, verdienen vornehmlich fol-
gende ausgezeichnet zu werden : Justin u S Martpr
(ft um 163), Sternen § von Alexandrien (ft vsr 220),
Origeneö (ft 254), Athanasius (ft 372), Basi-
lius der Große (ft 379), Gregoriuö von Nazian*
-us (ft Zyi), Johannes Chryfostomus (ft 407);
Tertullianuö (ft nach 220), Cyprianus (ft 258),
Zreuäus (ftnach202ft, Lactarrtius (ftvor330), Am-
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